Lange Reise, langer Eintrag... auf geht's!
Freitag, 15 Uhr: Koffer, Rucksack, Wollpullover, Jacke über dem Arm und Palmenhut auf dem Kopf. Raus aus dem Haus, bei 24 Grad. Mit dem Taxi zum Busterminal.
Die ersten Zweifel an der Einhaltung des zulässigen Höchsgewichtes meines Gepäckes haben sich schon breitgemacht, bevor ich überhaupt gepackt hatte: 23 Kilo der Koffer,
acht Kilo der Rucksack...
Ich habe das schwere Zeug extra in den Rucksack getan, weil der normalerweise nicht gewogen wird. Mein dickes Vorhangschloss hing an meinem Gürtel, die gesammelten Münzen brachten mein Portemonnaie fast zum Bersten...
Trotzdem: Meinen Koffer schätzte ich auf rund 25 Kilo, und was den Rucksack anging...
ach, lassen wir das...
Am Busterminal habe ich dann die Leticia getroffen, die mich zum Flughafen begleiten wollte. Um 16 Uhr ging es dann auf nach Mexiko-Stadt. Dort habe ich dann schonmal eine weitere Jacke aus dem Koffer geholt und sie stattdessen in die Jacke über meinem Arm integriert.
Am Flughafen habe ich mich zuerst beim Lufthansa-Schalter erkundigt, wann ich denn mein Gepäck aufgeben könne. Ich konnte es gleich tun... oder es zumindest schonmal versuchen. Mein Koffer wog glatte 27,1 Kilogramm. Die freundliche Dame zeigte mir sogleich meine Möglichkeiten auf: 150 Dollar koste das Übergewicht, 50 Dollar ein zweites Gepäckstück. Wobei ich mir ja dann einen zweiten Koffer hätte kaufen müssen. Also habe ich mich temporär wieder zurückgezogen, meinen Koffer geöffnet, einen kleinen Likör und ein schweres Glas der Letty überlassen, einen weiteren Kaputzensweater druntergezogen,
mehr Zeugs in den Rucksack gestopft, der nun ebenfalls am Bersten war...
24,5 Kilogramm - Koffer angenommen.
"Reisen Sie auch mit Handgepäck?" Ich zuckte. "Ja". "Das müsste ich auch mal sehen, bitte." Ich lief also zurück zu Leticia, die an meinem Rucksack wartete, wusste, was mich auf mich zukam und sackte in mir zusammen als ich die Waage sah: 13,1 Kilogramm - statt maximal acht Kilogramm. Ein paar Uniunterlagen und Zeitschriften rausgeräumt, immernoch über elf auf der Waage. Ich habe argumentiert, dass man meinen Laptop ja theoretisch zu- sätzlich zum Handgepäck in einer Laptoptasche mitnehmen dürfe und wenn wir den alten, großen, schweren Laptop abzögen, kämen wir ja schon wieder fast in den Toleranzbereich. Sie ließ mich gewähren - mit dem Hinweis, dass ich das Flugzeug aber verlassen müsse, wenn die Crew meinen Rucksäck beanstanden sollte.... okay!
Die Ausreisegebühr von 262 Pesos, also rund 15 Euronen, habe ich zwischendrin auch noch bezahlt. Ich hatte meine restlichen Pesos genau abgeschätzt: für diese Gebühr, für ein spezielles Mitbringsel
(was ich hier nicht nenne, weil ich weiß, dass diese Person, für die es ist, meinen
Blog auch liest, was aber leider in meinem rucksack kaputtgegangen ist aus gründen, die ihr vielleicht später erahnen werdet) und zwei Flaschen Tequila. Mit Kreditkarte konnte ich nicht zahlen, weil in Deutschland schon eine neue Karte auf mich wartete und ich meine somit nicht mehr nutzen konnte...
Mit mittlerweile zwei Pullovern, zwei Jacken, zwei Hüten und dem bunten Stoffelefanten für meine Nichte Kiana unterm Arm steuerte ich dann den Duty-Free-Shop an. Ein bisschen Tragekapazität hatte ich ja noch. Die Preise dummerweise ausschließlich in US-Dollar an- gegeben, sodass meine Traegkapazität noch um mein Handy mit Taschenrechner belastet wurde. Ich schwitzte. Mit zwei Flaschen Tequila in einer fest verschlossenen Plastiktasche in der letzten freien Hand ging es dann weiter zum Luftvogel. Hätte unterwegs noch etwas Salsa von meinen restlichen paar Pesos kaufen wollen, aber ich wusste beim besten Willen nicht mehr, wohin damit...
Ins Flugzeug bin ich geschlichen und war heilfroh, als wir gegen 21:45 in die Luft gingen, denn meinen Rucksack juckte die übliche Ansage, man sollte schweres Handgepäck sicher unter dem Vordersitz verstauen, überhaupt rein gar kein bisschen. Er war so dick und blieb somit - zu meiner eigenen Unsicherheit - zwischen meinen Beinen. Kissen drauf und/oder Tischchen runter, fertig...
Naja, die 10 Stunden und 20 Minuten im Flieger sind ja fast ein Klacks, wenn man vorher schon mit dem Bus durch Mexiko gereist ist. Eine kleine Anekdote scheint mir der Rede wert: Zum Frühstück fragt mich die Stewardess, ob ich gerne Kaffee oder Tee hätte. "Och, ein Teechen wäre schon ganz gediegen", ließ ich sie wissen. "Oho, gediegen..." antwortete sie und fragte nach einer kurzen Pause: "Haben Sie heute Morgen schon Goethe gelesen oder wie kommen Sie auf dieses Wort?"
Da habe ich ihr erklärt, dass ich nun ein halbes Jahr in Mexiko war, mein Wortschatz aber noch lange nicht so groß sei, als dass ich solche Begriffe wie "gediegen" hätte auf Spanisch sagen können. Jetzt kann ich wieder nach Herzenlust palavern!
Gegen 15 Uhr, nun deutscher Zeit, in Frankfurt gelandet und erstmal einen Drogenspührhund passiert. Dann war Entspannung angesagt: Ab auf Toilette. Auch hier eine kleine Anekdote: Das große Geschäft abgeschlossen, mein ... ich sag mal.... "Gesäß gereinigt" - und dann? Ich guckte mich um. Wohin jetzt mit dem Papier? Wo ist das kleine Eimerchen neben der Porzellanschüssel? Nach einigen Augenblicken ist mir erst eingefallen, dass ich es nach fast einem halben Jahr nun einfach wieder ins Klo fallen lassen konnte :-D
Dann wieder an die Arbeit: Die zweite Flasche Tequila musste ich noch verzollen, denn zollfrei geht nur ein Liter. 3 Euro 30 haben sie mir abgeknüpft, alles klar. Dachte ich...
In Mexiko gab es eine Sicherheitskontrolle - und der Scanner blieb stumm als ich durch ihn ging. In Frankfurt gab es zwei. Und obwohl ich meines Wissens während des Fluges weder Stahlhüfte noch Messingknie implantiert bekommen habe, hat es in Frankfurt beide Male gepiept und ich wurde gründlich abgetastet.
"Oh Oh, das ist nicht gut", sagt die Frau am anderen Ende des Fließbandes zu sich als sie meine Duty-Free-Tasche aus dem Röntgending kommen sieht. Sie wollte mich damit nicht weiterfliegen lassen. Es gelte nun die übliche 100ml-Grenze. Ich dachte ich höre Nashörner Schlagzeug spielen! Ich darf den Tequila also in meinem Handgepäck in einer Lufthansa- maschine von Mexiko nach Deutschland mitnehmen, auf meiner vorher direkt mitgebuchten Weiterreise in einer Lufthansamaschine von Frankfurt nach Bremen dann aber nicht mehr?
In der Tat! Was ich denn jetzt mit dem Tequila machen könne, was ich vorher nicht konnte, wollte ich wissen. Ich konnte ihn ja nichtmal anzünden, der brenne ja nichtmal. * Dass ich mich höchsten damit besaufen könnte in den 45 Minuten an Bord, habe ich dann lieber nicht gesagt...
[*Hat schonmal jemand auf die Rückseite der Flugtickets geschaut? Dort steht fettgedruckt:
Gefährliche Gegenstände im Passagiergepäck Aus Sicherheitsgründen darf das Reise- gepäck folgende Artikel oder Stoffe nicht enthalten: Ein Punkt lautet "Entflammbare feste Stoffe (wie Streichhölzer) und andere leichtentzündliche Materialien, etc...! Am Ende noch ein Hinweis: "Streichhölzer und Gasfeuerzeuge dürfen nur am Körper mitgeführt werden."
Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich fühle mich viel sicherer im Flieger, wenn Streichhölzer und Gasfeuerzeuge nicht im Rucksack, sondern direkt in der Hosentasche mitgeführt werden!!]
Aber zurück zum eigentlichen Problem: Was nun? Ich könne nun zum Beispiel den Tequila als zweites Gepäckstück aufgeben - oder dalassen. Oder den Flughafen verlassen. Ich also zum Lufthansaschalter und mein Problem geschildert. Ein freundlicher Herr sagte mir, es sei kein Problem. Ich brauche nur einen Koffer oder etwas in der Art und es gehe als zweites Gepäckstück im Bauch des Flugzeuges nach Bremen - ohne weitere Kosten. Gut, es gibt also eine Lösung und ohne weitere Kosten. Schlecht, ich habe keinen Koffer und nichts in der Art. Außer den Rucksack. Ja, das ginge auch... aber der war - richtig zum Bersten voll.
Also in ein Geschäft rein, nach einer Tüte geben, Zeitschriften und Laptop dort hinein (auch einen Hut und den Elefanten), Tequila in den Rucksack, zurück zum Lufthansaschalter.
Der Herr war nich mehr da, aber eine Azubine mit Mentor im Rücken. Ich also nochmal das Problem geschildert, die Lösung vorgelegt, gewartet. Der Mentor stimmte zu, die liebens- werte Azubine wollte lieber nochmal ihre Chefin anrufen. Das Telefonat dauerte beunruhigend lange, aber als sie mir dann sagte, dass ich nur den Tequila irgendwie mit einem Pullover oder dergleichen schütze solle und es ginge dann klar, war ich froh. Dass der Rucksack nun mit 10 Kilogramm als zweites Gepäckstück gratis nach Bremen geflogen ist, lasse ich mal unkommentiert...
Naja, dann ging alles glatt: Zwar hatte ich im Rucksack das deutsche Handy vergessen, sodas sich zum ersten Mal seit wahrscheinlich zwei Dekaden ein öffentliches Münztelefon benutzt habe, um kurz zuhause anzurufen, aber insgesamt ging ab dann alles gut!
(außer eben, dass das kleine mitbringsel vom flughafen in mexiko nicht so gut geschützt war wie der tequila und die reise im bauche der maschine nicht heil überstanden hat...)
In Bremen angekommen, es war mittlerweile 18:30. Im Vorbeigehen erspähe ich eine Bande Typen in roten Trainingsanzügen durch den Sicherheitsbereich gehen. Es waren die Spieler des FC Bayern, die am Nachmittag noch 3:1 im Weserstadion gewonnen hatten und nun zurückfliegen wollten. Ob die Bremer Sicherheitsleute bei der Sicherheitskontrolle wohl Stress gemacht haben, weil die Bayern die drei Punkte im Gepäck hatten?!
Am Ausgang wurde ich nochmal von einem deutschen Beamten ob meiner Mitbringsel interviewt und dann herzlich von der engsten Familie empfangen. Auch meine kleine Nichte war mit von der Partie - auch, wenn sie mich erstmal nur gut beäugte. Sie hatte mich ja ihr halbes Leben nicht mehr gesehen...
... schließlich hat sie mir dann aber doch sogar noch ein Gute-Nacht-Bussi gegeben - und der ganze Stress war vergessen! :)